Bericht Jahresversammlung 2018

März 2, 2018 anja

Rückblick zur diesjährigen Mitgliederversammlung des
Freundeskreises Asyl in Gechingen

Am Abend des 22. Februars informierte im „Neunzehn21“ der Gechinger Freundeskreis Asyl zur augenblicklichen Situation der Flüchtlinge. Ein relativ kleiner Kreis von Besuchern erfuhr von den zahlreichen „Begebenheiten“ des vergangenen Jahres, beginnend mit der Verlegung aller Bewohner aus der Gemeinschaftsunterkunft Gechingen in Anschlussunterkünfte in Sulz, Simmozheim. Effringen, Neuhengstett, Calw-Wimberg. Eine syrische Familie mit 5 Personen fand Unterschlupf im Dorf, sodass jetzt in Gechingen fünf syrische Familien, eine aus dem Kosovo, sowie vier junge Männer (3 Syrer, 1 Eritreer) eine erste Heimat gefunden haben.
Das Lokal „Angeltreff“ konnte im September 17 aufgelöst werden. Kleider, Schuhe, Haushalts-artikel sind verteilt, Deutschkurse wurden durch Integrationskurse der VHS abgelöst. Sitzungen, Treffen, Besprechungen wurden so minimal, dass der Erhalt der Räume nicht mehr notwendig wurde und die Gemeinde von den Mietkosten entlastet.
Hervorgehoben wurde die Premiere des Filmemachers Florian Wentsch aus Gechingen mit dem Titel: „Wo man willkommen ist“. Dazu passend haben sich an diesem Abend im Gemeindehaus einige „unserer“ Flüchtlinge mit schriftlichen „Statements“ eingebracht und zu einem Dialog mit der Bevölkerung eingeladen. Es wurde ein voller Erfolg.
Das seit zwei Jahren eingerichtete „Frauen-Kaffee“ einmal pro Woche im alten Rathaus, hat sich mehr als bewährt. Hier werden anstehende Probleme in lockerem Rahmen zusammengetragen, besprochen oder gelöst. Die syrischen Frauen bringen nicht nur Kuchen, sondern den gesamten angefallenen „Schriftkram“ der Woche zur Bearbeitung mit. Es handelt sich z.B. um Mietverträge, Kautionen, enbw-Verträge, Versicherungen, Müllgebührenbescheide, Krankenkassenbriefe, Verlängerungen der Aufenthaltsgenehmigungen, Anfragen des Jobcenters, Anmeldebögen für Schule/Kindergarten, Einladungen für Elternabende und Lehrergespräche, Anmeldungen für Schulausflüge, Arztbesuche, Begleitung zu Terminen, usw. Die hilfreichen Betreuer Claudia Sodha und Katrin Grote haben nicht nur manchmal alle Hände voll zu tun und könnten Unterstützung gut gebrauchen. Bei Kaffee und Kuchen bietet sich die Gelegenheit eine Menge dazuzulernen im Umgang mit fremden Kulturen, – und unserer Bürokratie. Dieser Nachmittag fördert das gegenseitige Verständnis und räumt Missverständnisse auf beiden Seiten aus, so die Ausführungen von Claudia Sodha.
Der Kassenverwalter Dieter Haas erläuterte die Entwicklung der Geld- und Bankgeschäfte des Freundeskreises, die sich vorwiegend über Spendengeldeingänge und Fahrtkostenausgänge erstreckt. Eine überschaubare Angelegenheit unter den momentanen Gegebenheiten. Das gesamte Vermögen beträgt Euro 1.930,09 zum 31.12.2017. Die Kassenprüfer Karlheinz Dingler und Ortwin Blum bestätigten die einwandfreie Führung und korrekte Handhabung der Belege. Bürgermeister Jens Häusler erteilte ohne Gegenstimmen die Entlastung des Vereins.
Grüße der weiteren Gechinger Vereine wurden überbracht von Thomas Schlegel i.V. mit dem bemerkenswerten Hinweis, dass dieser Verein über alle sonstigen Vereine herausragt, in der Weise, dass er der Einzige ist, der sich unentgeltlich um Menschen kümmert und ohne Eigennutz agiert.
In Anschluss schilderte Bettina Schöttmer anschaulich und kompetent, unterstützt durch eine professionelle Power-Point Präsentation die momentanen Aufgaben des Freundeskreises.
Betreut werden in Gechingen 19 Erwachsene und 17 Kinder, – wobei nach Calw gezogene Familien (8 Erwachsene, 6 Kinder) sich weiterhin zu Gechingen verbunden fühlen und unsere Hilfe in Anspruch nehmen.
Anhand übersichtlicher Skizzen wurde dargestellt, dass der Weg zur Integration über 1. Sprache,
2. Arbeit, 3. Kultur/Sport führt. Unsere Bildungssysteme, Berufsfindung, Arbeitsmarkt, sind den Flüchtlingen fremd. Vor allem der Weg dorthin. Daher ist es wichtig sie auf dem Weg zum Arbeitsmarkt zu begleiten. Dazu gehören Bewerbungsschreiben, Lebenslauf, Einstellungstests, Online-Bewerbungsverfahren, Vorstellungsgespräche.Wir müssen versuchen,Türöffner für die Arbeitssuche zu sein. Ob wir es schaffen und wie lange es dauert, liegt an der Auffassungsgabe und dem Durchhaltevermögen der Betroffenen.
Es ist uns in Gechingen gelungen in fünf Fällen eine Familienzusammenführung zu erreichen. Noch warten zwei Syrer, dass ihre Ehefrauen nachgeholt werden. Die Anträge sind seit zwei Jahren gestellt, alle Unterlagen liegen vor und die gesetzlichen Voraussetzungen stimmen Aber es sieht so aus, als ob sich alle Ämter dagegen wehren, (deutsch wie syrisch) jemals eine Genehmigung zur Ausreise zu erteilen. Die jungen Ehefrauen durchleben in der Zwischenzeit eine Odyssee der Demütigungen. Sie müssen sich vor Verschleppung schützen, die Wohnorte wechseln und untertauchen, um vor den eigenen Landsleuten sicher zu sein. Die hier wartenden Ehemänner sind besorgt, frustriert und enttäuscht. Enttäuscht darüber, dass eine derartige Verzögerungstaktik im geordneten Deutschland möglich ist, wo sie doch genau wegen solcher Gründe aus einem von Willkür, Korruption und Gewalt beherrschten Land geflohen sind.
Es ist für uns nicht einfach, den wartenden Menschen Hoffnung zu vermitteln, da wir selbst nicht weiter wissen und die Durchführung zur Familienzusammenführung einem Rechtsanwalt übergeben haben. Wir können nur abwarten und hoffen.
Die Schilderung dieser Umstände durch die erste Vorsitzende ging an den Zuhörern nicht spurlos vorbei und machte viele betroffen. So gingen auch der Gruß und die Wünsche des Bürgermeisters, im Namen der Gemeinderäte und Bürger, in diese Richtung. Er betonte seinen Respekt und Wert-schätzung für die beeindruckenden Leistungen, die Ausdauer und die Geduld und ermunterte dazu, sich nicht entmutigen zu lassen. Für den Einsatz zum Wohle der Menschen wünscht er dem gesamten Freundeskreis viel Kraft und Durchhaltevermögen.
Damit schloss die Mitgliederversammlung gegen 22 Uhr. Bettina Schöttmer bedankte sich bei den Besuchern für ihre Aufmerksamkeit und wünschte allen eine gute Heimkehr.